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Stuttgart 21

30 Sept

Wen der Staat liebt, den schlägt er!

kommentiert durch: wen wohl?

Caffier – Öffentliches Privatisieren! Kultur Reduzieren!

28 Sept

Innenminister Lorenz Caffier (CDU) im Interview:

„Theaterneubau vertrödelt“ (Kurzfassung)

(Das ganze Interview gibt es für Abonnenten oder gegen Bezahlung)

Caffier fördert seit langem, wo er kann, Privatisierungsträume. Schon „für“ Greifswald tat er alles, einer Privatisierung der dortigen Wohnungsgesellschft (WVG) die Wege zu ebnen. Der Verkauf ist gescheitert, zum Wohle der Stadt, wie auch einstige Befürworter heute schon mitunter unverhohlen zugeben. Auch vom Greifswalder Klinikum konnte Schlimmeres abgewendet werden. Für Rostock hält er dies aber unverdrossen für wünschenswert. Nichts dazugelernt? Wieviel Krise ist noch nötig, um das neoliberale Denk- und Handlungsmuster „privat geht vor Staat“ abzuwracken? Die Rostocker Stadtväter und -mütter sollten auch weiterhin ihr kommunales Eigentum nicht leichtfertig auf’s Spiel setzen!

Und die Theaterlandschaft – Eindampfen! Was sich eine marode DDR leisten konnte, ist kein Maßstab für eine Republik der Reichen! Die genießen ihre Hochkultur nicht in der Fläche. Zyniker könnten dem Minister Recht geben: lohnt sich so viel nicht bezahlbares Theater für die Allzuwenigen der Allzuvielen? Da nimmt man doch lieber ein kurzes „Theater“ bei der Abwicklung in Kauf.

Es ist zwar noch kein Wahlkampf, aber daran denken sollte man schon mal!

Peter Sodann – Notruf

26 Sept

Notruf

Trauerspiel in ungezählten Akten

Ort: Reiches Land in einer Wegwerf-Gesellschaft

Zeit: immer wieder

Diepgen in Greifswald

24 Sept

Eberhard Diepgen (CDU), ehemaliger Regierender Bürgermeister von Westberlin und Berlin, gastierte für die Konrad-Adenauer-Stiftung am Dienstagabend im Pommerschen Landesmuseum. Vor vollem Saal brillierte Diepgen rhetorisch in einstündiger Rede zum vorgegebenen Motto “Das unerwartete Glück! 20 Jahre deutsche Einheit“. Für ihn war‘s ein Heimspiel, wie ein Herr in Hinblick auf das Publikum richtig bemerkte. Das Diskutanten-Podium blieb dagegen recht blass, was die dort versammelten Herren vielleicht einer wenig geschickten Moderation zu verdanken hatten.

Diepgen nun deutete an, dass das „Glück“ des Mottos sich wohl eher auf die glücklichen Umstände, unter denen die deutsche Einheit zustande kam, beziehe, denn auf die folgenden zwanzig Jahre. Da, so räumte er ein, hätte es auch Enttäuschung gegeben. Recht hat er, denn wie sollte auch, so möchte man hinzufügen, ein so überschwängliches, rauschhaftes Glücksgefühl, wie es sich vieler bemächtigt hatte, zwanzig Jahre überdauern? Diepgen machte keinen Hehl daraus, dass er, enthoben der Bürde politischer Ämter, freier plaudern könne als andere, und so ließ er sich gern kleine Nadelstiche in Richtung des eigenen Lagers (Kanzlerin) entlocken. Aber er konnte auch den alten Haudegen geben. Und so setzte es Hiebe gegen ungenannte aber wohlbekannte „Ministerpräsidenten“, die, politisch inkorrekt, sich völlig unverständig weigern, die DDR einen „Unrechtsstaat“ zu nennen oder die von „Anschluss faseln“. Diepgen seinerseits ließ es sich nicht nehmen,  kreative Abweichungen korrekter  Geschichtsinterpretation zu präsentieren. So wollte er der Sache nach nicht von „friedlicher Revolution“ sprechen, sondern  eher von einer „freiheitlichen“, die in eine “nationale“ übergegangen sei. Nationale Revolution also!

Was, ganz nebenbei bemerkt, das alles mit Revolution überhaupt zu tun habe, wenn eine Nation wieder zusammenfindet, und ein Teil nach revolutionären „Abwegen“ auf den Pfad der Tugend zurückfindet, fragte sich wohl kaum einer der Anwesenden. Vielleicht ist es ja auch schöner, an einer Revolution teilgenommen zu haben, als an einer Konterrevolution. Ein wenig Unruhe kam erst auf, als Diepgen das Gebiet der Wirtschaft streifte und noncharlant bemerkte, die DDR habe „nur Schulden“ hinterlassen. Schulden, die immerhin so manchen reich machten, zu denen sich auch die Deutsche Bank zählen darf.

Insgesamt aber war die Veranstaltung recht kurzweilig. Hätte die Konrad-Adenauer-Stiftung noch „einen Wein“ spendiert, es wäre ein rundum gelungener Abend gewesen …

Hartz IV weiter von der Leine gelassen?

22 Sept

Darf es ein bisschen mehr sein?

geschrieben am 21. September 2010 von Spiegelfechter

„Ursula von der Leyen lässt sich nicht gerne in die Karten schauen. Nachdem sie bereits im Februar von den Verfassungsrichtern in Karlsruhe mit der Aufgabe betraut wurde, die Hartz-IV-Gesetzgebung auf verfassungskonforme Füße zu stellen, zog sich von der Leyen monatelang in ihre Berliner Wagenburg zurück und veranstaltete mit der Öffentlichkeit ein Katz- und Maus-Spiel. Der eigentliche Angriff auf den Sozialstaat kommt derweil auf leisen Sohlen daher und wird von der FDP als „alternativlos“ bezeichnet.

Statt Karlsruhes Wunsch zu entsprechen und ein transparentes und bedarfsgerechtes Berechnungsmodell für Hartz IV zu entwickeln, verzettelte sich von der Leyen lieber monatelang mit dem von ihr gepriesenen Bildungschip – eine Spiegelfechterei, schließlich hat dieses Modell noch nicht einmal innerhalb der Regierungskoalition eine Mehrheit…“

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Deutschland im Herbst

19 Sept

Gregor Kochan empfiehlt „selbstkritisch“ seinen GRÜNEN einen passenden Artikel zur Jahreszeit von Roberto J. De Lapuente, geeignet, herbstliche Melancholie mit aktivierendem kritischem Verstand anzureichern! Er sei hiermit weiterempfohlen:

„Der „Herbst der Entscheidung“ lauert. Ein Herbst, in dem sich entschieden Blätter färben und hinabfallend die Baumkronen entkleiden – ein Herbst, in dem erneut gegen die entschieden wird, die am unteren Ende der Gesellschaft festhängen. Ein deutscher Herbst eben, mit all seiner Ignoranz gegen Unterschichten, mit seinem eisernen Sparwillen, den man dort auslebt, wo es eigentlich kaum noch etwas zu sparen gibt. Deutschland im Herbst: eine Jahreszeit der Entscheidungen; eine Jahreszeit, in der man sich einmal mehr gegen Mittellose entscheidet, ihnen eine entschieden schlechtere Gesundheitsversorgung zuteilt, ihnen entschieden an die Regelsätze geht, sie weiterhin entschieden gängelt und drückt.“ …

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Meinungsfreiheit

15 Sept

Sarrazin und die SPD (Teil II)

Als in der DDR sozialisierter Bürger habe ich unter Meinungsfreiheit immer verstanden, dass man in einem Land, wo diese herrscht, für politisch relevante Äußerungen, nicht mit staatlichen Repressionen zu rechnen hat. Die DDR verfügte über eine ganze, fast alle Bereiche gesellschaftlichen Lebens berührende Palette von Disziplinierungsmaßnahmen. Vom vertrauensvollen Gespräch über zur Farce verkommene „Kritik und Selbstkritik“, Relegationen, Versetzung auf andere Arbeitsplätze und Ausbürgerung bis hin zu langjährigen Haftstrafen. Von der Wiege bis zur Bahre schwebte über den Häuptern der „sozialistischen Menschengemeinschaft“ die Gefahr des falschen Wortes zur falschen Zeit am falschen Ort. Das alles war freilich stark differenziert. Die Maßstäbe waren in vieler Hinsicht verschieden, sozusagen individualisiert und vom jeweiligen  Individuum instinktiv verinnerlicht. Und es gab Strategien, damit umzugehen. Und es gab Freiheitsgrade, die der Einzelne sich „erobern“ konnte, und es gab andererseits von den meisten, selbst den demonstrativ Ausreisewilligen, anerkannte Grenzen.

Das alles gibt es nicht in der Bundesrepublik, wo Meinungsfreiheit durch das Grundgesetz verbürgt ist!

Indessen scheint mir in gegenwärtigen Diskussionen die Inanspruchnahme dieser „Meinungsfreiheit“ stark überdehnt. So wird das Verfassungsrecht von Sarrazin und seinen Fans in Anspruch genommen und so argumentiert, als könne man hierzulande, in welcher Position und unter welchen Umständen auch immer, ohne die geringsten persönlichen Konsequenzen, verantwortungslos über jedes Thema schwadronieren.

Nun stelle man sich aber vor, der Vorsitzende eines Philatelistenvereins ginge in die Medien mit dem Statement, Briefmarkensammeln sei eine hirnrissige Tätigkeit. Oder eine Mitarbeiterin der Deutschen Bank schriebe im „Handelsblatt“, 25 Prozent Eigenkapitalrendite vor Steuern sei Wahnsinn, und die „Deutsche Bank“ solle vernünftigerweise verstaatlicht werden. Oder der Umweltminister revidierte seine Meinung und setzte sich für die Abschaltung aller Kernkraftwerke ein. Meint wirklich einer, da würde die Berufung auf „Meinungsfreiheit“ vor den entsprechenden Konsequenzen schützen, die jedem sofort unwillkürlich vor Augen stehen?

Die Bundesbank hat Sarrazin für sein Entlassungsgesuch bezahlt. Der SPD ist solcher Weg aus der Falle nicht beschieden. Klar ist, dass Sarrazin die Grenze des Erträglichen für die Partei überschritten hat. Viele seiner Äußerungen sind ein Hohn auf die noch gültigen Grundwerte dieser Partei. Aber wer ist diese Partei? Wer ist noch, nach jahrelangem Aderlass, in dieser Partei? So mag sich Gabriel, ähnlich wie der Bundespräsident, die Augen gerieben haben, als er massiv mit Meinungsäußerungen von zu vielen Genossinnen und Genossen (wie viele weiß keiner so recht) konfrontiert wurde aus einer Ecke, die sich als Mitte entpuppte. Eine Partei ist nun aber kein Marktplatz.  Sie repräsentiert als „Partei“ mitnichten das Ganze, wenn sie auch das Ganze im Blick haben sollte. Eine linke Volkspartei hat, bei Strafe ihres Untergangs, das Recht und die Pflicht, sich von dem abzugrenzen und das auszuschließen, was ihr nicht entspricht, was ihr und denen schadet, für die sie angetreten ist. Mit einer beschworenen Gefahr für die Meinungsfreiheit in diesem Lande hat das alles nichts zu tun. Jede Partei hat ihre Sarrazine und Steinbäche. Der Ausgang des Parteiausschlussverfahrens ist nur deshalb für die Leitmedien so spannend, weil er, wie auch immer, über die SPD mehr aussagen wird, als ihrer Führung derzeit lieb ist.

Jetzt sind sie dran, die Moslems…

9 Sept

Hagen Rether sagt es uns auf die sanfte Tour!

Dialog

H.R. „Das ist Demokratie: wenn man sich aussuchen darf, wer einen verarscht.“ Das ist aber doch zynisch!

H. R. „Zynisch ist: Wurst im eigenen Darm.“

Sarrazin und die SPD

3 Sept

Sarrazin ist SPD-Mitglied und will es nach kürzlich eigenem Bekunden bis an sein Lebensende bleiben. Nun muss man für ihn nicht fürchten, dass die Partei sein Ein und Alles ist, und ein Leben nach einem Ausschluss für ihn keinen Sinn mehr hätte, obwohl er zugegebenermaßen auch schon zu Zeiten, als er und die SPD noch mitregieren durften, immer wieder sein Bestes gab, das trotzig erkämpfte Negativimage seiner Partei zu befestigen. In Erinnerung blieben die unsäglichen,  ausgrenzenden Diffamierungen einer „gefühlten“ sozialschmarotzenen Unterschicht, der er selbstgestrickte Pullover gegen zu hohe Heizkosten empfahl. Die Kritik des sozialen Gewissens aus fast allen politischen Lagern bekümmerte ihn wenig, konnte er doch hoffen, dass seine Ausfälle „ganz oben“ wohlwollend geduldet wurden. Nach der drastisch verlorenen Bundestagswahl und dem Marsch in die ungeliebte Opposition drehte sich langsam der Wind. Ob er es nicht merken wollte? Er hatte noch zu viel auf Lager, arbeitete unverdrossen an seinem Buch, und brachte es schließlich mit perfekter Medienpräsenz vor die Öffentlichkeit. Das Erschreckende ist nun nicht, dass da einer ist, der moderne rassistische Thesen vertritt und verbreitet und sich, auch international, in die erste Reihe brandstiftender Demagogen stellt. Es ist das Echo! Allenthalben heißt es: Der Mann hat recht! Er sagt doch nur was alle denken! Und das sagt mehr über unsere Gesellschaft aus, als wir uns wünschen. Das allerdings könnte Sarrazins Verdienst sein. Ein brandgefährliches Verdienst, wo doch jeder, der eine öffentliche Rolle zu spielen in der Lage ist, wissen müsste, dass in Krisenzeiten Blitzableiter für den Volkszorn gesucht werden, und dass es regelmäßig die Schwächsten der Gesellschaft trifft, die Minderheiten, die Randgruppen, die Außenseiter und „schwarzen Schafe“. Und – das Echo verweist auf eine Politik, die zur Mitverursacherin der Weltfinanzkrise wurde, und deren Krisenmanagement zwar die Banken vorerst rettet, aber um den Preis einer weiteren Vertiefung gesellschaftlicher  Spaltungen.

Diesmal hat Sarrazin in die rassistische Trickkiste gegriffen und damit den Bogen überspannt. Die „Causa Sarrazin“ wurde für die politische Klasse zu eklatant. Die Kanzlerin reagierte schnell. Keiner weiß genau, was sie dazu bewog, sich diesmal gegen ein Aussitzen zu entscheiden – waren es ihre seismographischen Fähigkeiten, kluge Beraterinnen, oder war es das Zaudern des amtierenden Oppositionsführers? Jedenfalls – sie  gab den Takt vor, der Bundespräsident gab den entscheidenden Tipp und die Bundesbank zog die unvermeidlichen Konsequenzen.

Und Sarrazins SPD? – Die Parteispitze will nun den Ausschluss. Aus unerfindlichen Gründen will Gabriel aber „keinen kurzen Prozess“, wie z. B. in Diskussionen der Berliner Parteibasis gefordert. Sollen sich erst beschämende Solidaritätskomitees für Sarrazin und für „Meinungsfreiheit“ in der SPD gründen? Soll am nun wirklich falschen Objekt demonstriert werden, wie demokratisch die Partei ist? Meinungsfreiheit muss auch in einer Partei ihre Grenze finden, dort, wo sie zur Verletzung ihrer Grundwerte missbraucht wird. Das sozialdemokratische Talent zum Zaudern zur Unzeit könnte für die Partei zum Fiasko werden. Nach verpassten Gelegenheiten muss Sarrazins Mitgliedschaft nun so schnell wie möglich vom Tisch!

„Unrechtsstaat DDR“, der „Anschluss“ und Naomi Klein

1 Sept

„Unrechtsstaat“ begründet eine Kampflinie zwischen denen, die auf diesem Kampfbegriff beharren, und denen, die sich ihm beharrlich verweigern. Mal wieder ist einer aus dem Osten, der es wissen muss, gegen diesen Begriff in die Bresche gesprungen: Lothar de Maizière. Und gleich keult einer aus dem Westen, Kulturstaatsminister Neumann, der es nun wirklich, schon qua Amt, besser wissen müsste, ohne jedes Maß zurück: DDR war Unrechtsstaat „durch und durch“! Es gibt da eine Mauer in West-Köpfen, und vor allem in denen, die es durch Republikflucht, innere Emigration oder Anbiederung geworden sind, die der Berliner Mauer an Betonhaftigkeit nur wenig nachsteht und ähnlicher Motivation geschuldet ist: dem Wunsch, Sieger der Geschichte zu sein. Die Mauer schützt vor der Gefahr, die Herkunft des eigenen Staates, und damit die eigene Existenzweise in Frage stellen zu müssen. Das „hier Rechtsstaat mit Fehlern und dort Unrechtsstaat, wo nicht Alles schlecht war, taugt eher als Totschlagargument denn zur Herstellung der vielbeschworenen „inneren Einheit“. Auf dieser Linie liegt auch, wenn mitunter den Einzelnen ein richtiges Leben im falschen System zugebilligt wird.

So wie sich einst beide Staaten gegenseitig ihr Existenzrecht abgesprochen haben aus berechtigter Angst, denn es ging ja immer zumindest eine ideologische Gefahr vom anderen aus, so geht es auch heute, wenn auch nun post mortem, um das Existenzrecht des verblichenen „Ersten Arbeiter-und-Bauern-Staates auf deutschem Boden“ – um sein Existenzrecht in den Lehr- und Geschichtsbüchern des vereinten Deutschlands. So, wie sich die Hoffnungen, dass sich „das Problem Linkspartei mit dem Ableben der letzte SED-Genossen von selbst erledigt, nicht erfüllen wird, befürchtet man auch, dass dieser „Unrechtsstaat“ positiv in Erinnerung bleibt als Versuch einer System-Alternative, wenn auch als gescheiterter. Die aggressiv-ängstliche Blockadehaltung jenseits der genannte Kampflinie ist zwar wenig produktiv, aber nicht irrational, denn: ist dem siegreichen, real existierenden Kapitalismus nicht das Menetekel längst an die Wand geschrieben, das wiederum sein Existenzrecht in Frage stellt? Könnte nicht im falschen oder richtigen Moment schon nur die Frage eines einzigen noch lesenden Arbeitslosen nach dem Recht auf Arbeit die ganze schöne Marktfreiheit-fixierte Argumentationsstruktur zusammenbrechen lassen? Und könnten nicht die Menschen irgendwann lauter zu fragen beginnen, ob nur Recht ist, was in der Verfassung steht, und wie, was drin steht zu deuten sei?

Eine andere Facette dieses Streites kommt anlässlich des zwanzigsten Jahrestages der Unterzeichnung des Einigungsvertrages an die mediale Oberfläche. Nicht irgendwer, sondern Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck spricht vom „Anschluss“ der DDR. Das weist auf eine kleine, selten beachtete Differenz: Das Ende des „Unrechtsstaates“, das man wohl auf die Tage des Mauerfalls datieren könnte oder spätestens auf den Tag der Konstituierung der ersten frei gewählten Volkskammer und das Ende der DDR fielen zeitlich nicht zusammen. Was geschah dazwischen? „Anschluss“ meint wohl mehr, als dass da auf dem Weg zur Vereinigung einiges schief gelaufen ist, und genau deshalb das Geschrei von jenseits der Kampflinie!

Die Einheit möchte ich nicht missen. Wenn ich aber auf den Vereinigungsprozess schaue, ist mir, als läse ich in einem nicht geschriebenen Kapitel: ‚Die sanfte Variante: das Ende der DDR‘ aus dem glänzend recherchierten, beklemmenden Buch „Die Schockstrategie“ von Naomi Klein.

Rechtsstaat oder Atomstaat ?

28 Aug

update: 2. september + nd-interview

Aufruf gefunden, den ich unterschrieben habe, und den ich weiter empfehle!

„Demokratischer Rechtsstaat oder Atomstaat

Im Konflikt um die Laufzeitverlängerung geht es nicht allein um die Energiefrage

… Der bis zum Vertragsbruch gehenden Maßlosigkeit der Konzernpatriarchen muss demokratischer Widerstand entgegengesetzt werden: für den Ausstieg aus der Atomenergie und zur Verteidigung der Demokratie. Beides gehört zusammen. Dieser Widerstand beginnt jetzt. …“

der vollständige Text: Aufruf

dazu: ND-Interview mit Andrea Ypsilanti

Bedingungsloses Grundeinkommen

21 Aug

nicht nur für Banken!

gefunden bei Susanne Wiest

„Ernstfall Angriffskrieg. Frieden schaffen mit aller Gewalt?“ von Jürgen Rose

5 Jul

Über ein Buch eines von mir geschätzten Autors

Buchbesprechung

Ernstfall Angriffskrieg

Martin Singe

Das 2009 im Ossietzky-Verlag erschienene hochaktuelle Buch „Ernstfall Angriffskrieg. Frieden schaffen mit aller Gewalt?“ von Jürgen Rose kann allen Friedensbewegten dringend zur Lektüre empfohlen werden. Jürgen Rose, Oberstleutnant der Bundeswehr und Mitglied im Darmstädter Signal, verfolgt mit diesem Buch das Ziel, der politischen Ächtung des Angriffskrieges im umfassenden Sinne näher zu kommen. Mit hoher Sachkenntnis und mit internem Einblick in militärische Hintergrundzusammenhänge schildert Rose die Verwicklung der Bundesregierung und der Bundeswehr in die letzten völkerrechtswidrigen Kriege (1999 Jugoslawien, 2001 Afghanistan, 2003 Irak). Rose zieht dabei die Spannbreite der Verantwortlichkeit von den regierungsamtlich Handelnden bis zu den einzelnen SoldatInnen. So nimmt die Möglichkeit der Gehorsamsverweigerung gegenüber völkerrechtswidrigen Befehlen einen breiten Raum ein. Ausgangspunkt der Schilderungen ist die Funktion des Krieges im Kontext der Globalisierung, „kriegerischer Interventionismus im Zeichen von Geopolitik und Geoökonomie“. „Verteidigung“ ist längst nicht mehr der Auftrag der Bundeswehr, bzw. der Begriff wird nur noch als Mythos hochgehalten. Da das Handeln…

weiterlesen unter: http://www.friedenskooperative.de/ff/ff10/1-54.htm


Gauck zum III. oder „das kleinere Übel“?

28 Jun

Kommentar zu

http://blog.gruene-greifswald.de/2010/06/27/freiheit/#comment-15137

vom 28. Juni 2010 um 13:46

Es geht nicht um Gauck, es geht nicht um Wulff. Um ein kleineres oder größeres Übel? Die Medien haben es allerdings geschafft, dass alle Welt dies nun so sieht. Dass die Medien dies konnten/durften, halte ich jedoch nicht für einen Beweis ihrer Unabhängigkeit. Die Frage sollte auch hier gestellt werden: Cui bono, wem nützt es? Beide Kandidaten sind konservativ, neoliberal geprägt. Das kann es also nicht sein. Gauck ist vielleicht weniger bewusst politisch, was kein Nachteil ist, taugt er doch um so besser zum unbefangenen Freiheitsmärchen-Erzähler. Aber auch das ist es kaum. Entscheidend: die “Strippenzieher” aus Wirtschaft- und Finanzwelt scheinen ihr Urteil über Merkel gefällt zu haben: Sie hat das Schwarz-Gelbe-Projekt verkackt(und zwar vorsätzlich)! Man wird nun sehen, ob es ihnen gelingt, genügend Abweichler in den eigenen Reihen zu gewinnen, um die Kanzlerin weiter zu schwächen. Das könnte mit anschließendem Misstrauensvotum o. ä. zum Sturz der Kanzlerin führen und Wulff die Kanzlerschaft bescheren. Er würde sie nicht ablehnen! Die “Retter” des Schwarz-Gelben-Projekts haben es eilig, denn noch müssten SPD und Grüne dieses Spiel, ob sie es nun wollten oder nicht, mitspielen, da es für eine wirkliche Alternative – das schon in der Luft liegende linke Projekt (Rot-Rot-Grün)- fatalerweise auf allen infrage kommenden Seiten noch keine wirkliche Bereitschaft gibt.

Joachim Gauck: „Bin ICH das?“

24 Jun

Rede im Deutschen Theater

http://www.joachim-gauck.de/Aktuelles/Reden/details/100622_grundsatzrede_dt.html

Ein Beitrag zur Diskussion um den Bewerber für das Präsidentenamt.

Es lohnt sich, sich einmal die Zeit zu nehmen und die umjubelte Rede des Kandidaten Gauck, die er im Deutschen Theater hielt, zu lesen. Grundsatzrede? Erst bescheiden von Gauck selbst dementiert, dann doch als solche auf seiner Homepage abgespeichert.

„Wenn ich mich Ihnen vorstelle, möchte ich meine Leitgedanken, meine politischen Schwerpunkte und Ziele nicht in Thesen fassen. Vielmehr möchte ich von Erfahrungen sprechen, die mich geprägt haben und den aus mir gemacht haben, der heute vor Ihnen steht. Es sind Erfahrungen, die die Leidenschaft für Freiheit, Demokratie und Recht in meinem Leben verankert haben.“

Gauck möchte das tun, was er kann – von sich sprechen:

„Über der ersten Begegnung mit dem Leben könnte ein Titel von Thomas Mann stehen: „Unruhe und frühes Leid“. Gauck ist Bildungsbürger und liebt das Pathos:

„Es war kein Zufall, dass ich mit zwölf Jahren dem Freiheitspathos von Friedrich Schiller verfiel, mit dreizehn Jahren wie ein Fiebernder am Radiogerät die Ereignisse des 17. Juni verfolgte und mit sechzehn am liebsten bei der Revolution in Ungarn mitgekämpft hätte.“

Wer Gauck gut zuhört, hört, dass er nicht nur sein Publikum davon überzeugen will, dass sie den Richtigen zum Kandidaten gekürt haben – er macht sich auch selbst Mut, Mut zur „Ermächtigung“ wie einst 1989, als er fragte: „Bin ICH das?“

Bedenklich werden Gaucks Schilderungen seiner biografischen Befindlichkeiten, wenn er schon bald das „Ich“ verlässt und sukzessive ein kollektives „Wir“ bemüht. Er vergisst, klar zu differenzieren zwischen seiner frühen Wir-Erfahrung:  „Immer wieder waren es Christen und Kirchenvertreter wie mein mecklenburgischer Landesbischof Heinrich Rathke, die mir Wegweisung und Mut gaben. Sie ließen mich glauben, dass die Wahrheit – ethisch wie politisch – nicht bei der Mehrheit sein muss. Wir erlernten damals die Minderheitenexistenz. Und indem wir sie annahmen, annehmen mussten, verloren wir zwar allerhand – aber nicht uns selbst.“ – also zwischen einem Minderheiten-WIR und einem anmaßend vereinnahmenden „Wir-sind-das-Volk“-WIR: „Damals setzten wir unsere Befreiung durch. Diese Erfahrung kann der Osten des Landes in die gemeinsame deutsche Geschichte einbringen und den Bewohnern im Westen unseres Landes schenken: Auch Deutsche können Revolution.“

Bedenklich auch, wenn Gauck sich in Volks-Psychologie versucht.  „Mehr noch als die Bewohner in Deutschlands Westen begleitet die Bewohner des Ostens deshalb eine Angst vor der Freiheit, die den schmerzlichen Prozess der Aufklärung und Säkularisierung auf dem Weg in die Moderne immer begleitet hat. Wir haben durch die Freiheit viel gewonnen, aber wir haben auch Bindungen, die äußere festgezurrte Ordnung und Sicherheit verloren. Für ihre Lebensplanung sind die Menschen nun selbst zuständig – aber zu dieser Eigenverantwortung sind einige nicht mehr, und andere noch nicht fähig. […] „Furcht vor der Freiheit“ hat Erich Fromm dieses Phänomen genannt. […] Sind wir wirklich hinreichend ausgestattet, so fragen sich die aus dem Paradies Vertriebenen. Sie sehnen sich nach der fraglosen Ordnung, die sie verließen, als sie aus freien Stücken den Apfel im Garten Eden nahmen und danach unversehens im Gefilde der Arbeit und der Sorgen landeten.“

Da geht denn doch der Pastor mit ihm durch und die Vergleiche hinken beträchtlich. Wurde das, was Gauck zynisch als „Furcht vor der Freiheit“ identifiziert, nicht erst post festum gerade durch Nicht-Aufklärung über die zu erwartende „Freiheit“ ausgelöst? Und muss der Paradiesvergleich nicht Jeden beleidigen, der Arbeit und Sorgen gehabt hatte? Und schließlich, verwechselt Gauck nicht die „Gefilde der Arbeit“, mit den nun allerdings ungewohnten Gefilden der Arbeitslosigkeit?

Die kommentierten Zitate können nur der Einstieg in eine Diskussion der Gauckschen „Grundsatzrede“ sein. Die Rede liefert dazu weiteres reichhaltiges Material.

Mein vorläufiges Angebot zu einem Resümee:

Gauck unterliegt der Selbsttäuschung, er könne als ein sich in der bürgerlichen Mitte verortender konservativer „Freiheitskämpfer“ ideologiefrei Bundespräsident aller Deutschen in Ost und West sein. Viele teilen diese Illusion. Die veröffentlichte Meinung hätschelt und die Politik nutzt sie.

Ach Gauck!

17 Jun

Zu „Gauck for President!? http://blog.gruene-greifswald.de/2010/06/15/gauck-for-president/

Ach Gauck!

Nein! Ich muss meine Parteiführung enttäuschen. Ich kann ihre Begeisterung für den Mann nicht teilen. Ich vermute, dahinter verbirgt sich eher die Begeisterung für die eigene Taktik, mit einem genialen Coup der hassgeliebten Kanzlerin (mit der man so gerne wieder regiert hätte) ordentlich eins auszuwischen. Ich vermute ferner, das Spielchen endet für SPD und Grüne eher ernüchternd. Wie viel Gauck kann sozialdemokratische Identität – ein ohnehin äußerst dehnbarer Begriff – denn noch unbeschadet verkraften? Gewiss, Gauck ist ein achtbarer Mann, und als ich ihn auf der Pressekonferenz agieren sah, war ich positiv überrascht und meinte, den kann ich mir, wie er so spricht, als Präsidenten ganz gut vorstellen – mal eben ganz unpolitisch gedacht!

Aber politisch ist das doch eine Katastrophe! Sollte eine Sozialdemokratische Partei – die lieben Grünen müssen das mit sich selbst abmachen – einen Kandidaten präsentieren, der mit Sozialdemokratie rein gar nichts am Hut hat? Ihr würde doch nicht im Traum einfallen, ihn zu nominieren, wäre sie Regierungspartei! Wie muss es um unser eigenes Personal stehen, dass wir die Hoffnung auf einen setzen, auf den, hätte ihn Merkel in Verhandlungen angeboten, sich Sozialdemokraten mit dem Regierungslager nie hätten einigen dürfen. Gesetzt, Gauck würde gewählt, und, wie die Medien suggerieren, Frau Merkel würde dies politisch nicht überleben, ja was dann? Taktik ist zu wenig, und für Hoffnungen, dass nach dem beabsichtigen Knalleffekt für Rot und Grün (und Deutschland überhaupt) irgend etwas besser werde, sehe ich derzeit keinen Anlass.

Also, Gauck for President? Er wäre wohl ein guter Präsident – aber für eine Republik, die ich mir nicht wünschen will.